Morpheme sind die kleinsten bedeutungstragenden sprachlichen wie grammatikalischen Einheiten. Bildlich kann man sich Morpheme als Bausteine vorstellen. Aus diesen Bausteinen wird die gesprochene und geschriebene Sprache konstruiert. …-ung, …-heit, …-keit, ver- und vor-, um hier nur einige zu nennen. Insgesamt besteht unsere Sprache aus ca. 2.800 Hauptmorphemen, 800 Ableitungen sowie 50 Präfixen, Suffixen und Endungen.
Grundgedanke des Jenaer Lese- und Rechtschreibtrainings nach Dr. Thomas Grüning ist, dass Lernfortschritte beim Lesen und Schreiben ab der zweiten Klasse im Wesentlichen darauf beruhen, dass Schüler sich die Schriftbilder dieser Bausteine = Morpheme (Vorsilben, Wortstämme, Endungen) einprägen.
Das Hauptproblem lese-/rechtschreibschwacher Schüler besteht darin, dass sie sich nur sehr langsam vom Schriftverständnis eines Lese- und Schreibanfängers lösen und stattdessen versuchen, über „hören“ die richtige Schreibung zu erschließen.
Folglich muss ein Lese-/Rechtschreibtraining, den von den Ohren geführten Schreibprozess in einen von den Augen geführten Schreibprozess überführen. Betroffene Schüler operieren dann nicht mehr auf der Laut-Buchstaben-Ebene (Farat, Früschtüg, Fergeuferrin), sondern sie fangen zunehmend an zu schreiben, wie zu denken ist: Fahr/rad, Früh/stück, Ver/käuf/er/in. Es erfolgt eine Orientierung auf der Wortbedeutungs- und Wort-Bild-Ebene, sodass die richtige Schreibung über ausreichende Wiederholungen anfängt, sich zu automatisieren. Zum Thema „Wort“ finden Sie in den Bereichen Vokabeltraining und LRS weitere Informationen.
Sowohl die Materialien des Präsenzunterrichts, als auch die Materialien, die für das Selbststudium entwickelt worden sind, sind darauf ausgerichtet, dass die Schüler sich rascher und konsequenter vom Schriftverständnis des Lese-/ Schreibanfängers lösen.
Kenntnisse von Rechtschreibregeln sind vor allen Dingen bei der Groß- und Kleinschreibung wichtig, wie die beiden folgenden Sätze zeigen: Ich schreibe gern. Aber: Das Schreiben macht Spaß! Hier ist die Kenntnis entsprechender Regeln und Hinweiswörter unerlässlich.
Auch bei der Setzung von Kommas, muss der Schreiber die grammatikalischen Strukturen erkennen und anwenden lernen, denn manchmal retten Satzzeichen sogar Leben: „Wir essen jetzt, Opa!“ Oder: Wir essen jetzt Opa.
Die Förderung setzt am jeweiligen Entwicklungsstand des Schülers an und zielt zum einen auf die Verbesserung der schriftsprachlichen Leistungen, als auch auf eine Verbesserung des sinnentnehmenden Lesens – einer Fähigkeit von der ein Schulerfolg auch in anderen Fächern abhängig ist. Therapeutisches Handeln im Unterricht schließt eine Vermittlung von Lern- und Arbeitstechniken ein und baut so schrittweise Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein auf.
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